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Zug der Erinnerung
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Ernst und Frank Wohl aus Berlin. Ihre Deportation ließ sich die Deutsche Reichsbahn bezahlen. Die Jungen kehrten nicht zurück.

27. Januar

Die Schenker-Verbrechen

Schenker & Co.:
Hehler, Räuber, Mordbeihelfer

Zweiter Teil

Das weltweit tätige Logistikunternehmen der DB AG, die Deutsche Bahn-Tochter Schenker, steht in der staatlichen Nachfolge einer Verbrecherorganisation. Dies bestätigen neue Dokumente, die der Zug der Erinnerung nach Hinweisen britischer Historiker in deutschen Archiven erschließen konnte. Demnach organisierte Schenker für die „Reichsgruppe Industrie“ den Beutetransfer der europaweiten Plünderungen in den von der Nazi-Wehrmacht okkupierten Staaten nach Deutschland. Insbesondere in den letzten Kriegsjahren (1943-1945) war Schenker an großangelegten Raubzügen beteiligt, die von Athen im Süden über den gesamten Balkan, von Lissabon im Westen, Oslo im Norden und im Osten von Warschau bis in die Sowjetunion reichten. Die geplünderten Werte flossen in das Vermögen des deutschen Staates, der es mit Konzernen wie Mannesmann, Rheinmetall, Siemens oder AEG teilte. Aber auch harmlos erscheinende Familienbetriebe ließen sich von Schenker & Co. - im Verbund mit der Deutschen Reichsbahn - deportierte Arbeitskräfte und geraubte Rohstoffe aus Osteuropa zuführen.

Im besetzten Jugoslawien fungierte Franz Neuhausen, ein bekannt korrupter Wirtschaftsbetrüger aus der Vorkriegszeit, als „Bevollmächtigter für die Produktion von Metallerzen in Südosteuropa“. Der langjährige Reichsbahn-Repräsentant und Generalkonsul war nicht nur staatlicher deutscher Hoheitsträger in Belgrad; er war zugleich auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der „Südost-Montan GmbH“ in Berlin. Private und staatliche Aneignungsformen fremden Vermögens waren unter Neuhausen dermaßen verklumpt, dass die Verteilung der Beute im Kreise der Räuber immer unübersichtlicher wurde: Die jugoslawischen Edelmetalle plünderte der deutsche Generalbevollmächtigte zwar von Staats wegen, aber ließ sie bei Gelegenheit sich selbst und seinen politischen Gönnern im Verbrechensolymp der Berliner Ministerien zukommen, statt sie der formal privaten „Südost-Montan“ anzuliefern. Welchen Umfang das Plündern annehmen konnte, zeigt die erhebliche „Dringlichkeit“ (1) einer Reise, die „Frau Frida Neuland“, „Gefolgschaftsmitglied“ der „Südost-Montan“ aus Berlin, im Januar 1944 nach Belgrad führte – „zum Einsatz auf einem der angeschlossenen Werke“, die Neuhausen in Belgrad kontrollierte. Die in den Schenker-Dokumenten als dringlich vermerkte Reise fiel in die Phase besonderer Anforderungen an das Organisationsgeschick des Reichsbahn-Vertrauten Neuhausen: Der Reichsbahn-Transport von „zwei Waggons mit 20t jugoslawischen Silbermünzen“ stand bevor. (2) Ziel waren die Scheideanstalten im „Altreich“.

Blutiges Gold

Die Edelmetalle aus deutschen Raubzügen häuften sich 1944 derart, dass die größte der Scheideanstalten, die Frankfurter DEGUSSA, wegen Sättigung ihres Betriebsablaufs, u.a. mit Reichsbahn- und Schenker-Anlieferungen, auf zusätzliche Kontingente zeitweise verzichten konnte. Es war einfach zu viel, wenn auch nicht ausreichend, um die überlegenen Kräfte der Gegner zu schlagen. Im Kreislauf der Wirtschaftsplünderungen kamen in Deutschland tonnenweise Bestände fremden Münzsilbers und goldhaltiger Gegenstände an, auch aus jugoslawischen Bankdepots, die Neuhausen hatte ausrauben lassen. Die Eigentümer galten als „abwesend“, „nicht auffindbar“ oder anderweitig verhindert – in antisemitischen Mordaktionen waren sie an Ort und Stelle getötet oder von der Deutschen Reichsbahn aus Jugoslawien in die Vernichtungslager deportiert worden.

Raublogistik

An dem Ertrag der europaweiten Massenmorde bereicherte sich in Berlin ein Reichsbahn- und Schenker-Partner: die Preußische Staatsmünze. Die Kapazitäten der Münzanstalt reichten aus, um täglich bis zu 4t Gold einzuschmelzen und am folgenden Tag zu beproben – etwa Altgold, Bruchgold oder Zahngold aus den Lagern. Das Gold wurde anschliessend in unverdächtig aussehende Barren gegossen, deren Prägestempel ein Datum vor 1938 vortäuschten, dem Zeitpunkt der großen deutschen Raubaktionen von Gold und anderen Edelmetallen nach dem Einmarsch in Österreich. Weitere Plünderungen hatten während der Pogromnacht am 9./10. November 1938 stattgefunden. (3) Die kriminelle Herkunft sollte verheimlicht werden, um die gefälschten Goldbarren im internationalen Handel anstandslos kapitalisieren zu können. (4) Die Verteillogistik der bandenmäßig tätigen Preußischen Staatsmünze unter ihrem Chef Hans Moser erledigte Schenker & Co.: Schenker stellte seine „Abnahmebeamten“ und „Gefolgschaftsmitglieder“ für die notwendigen Reisen in die Beuteländer bereit.

Mahnmal in Štip, einer Gemeinde im heutigen Nordmazedonien. Allein in Štip wurden 1943 über 500 Einwohner jeden Alters von der Deutschen Reichsbahn nach Treblinka verschleppt und ermordet. Ganze Familienverbände, so die Sion (187 Namen), die Levi (124), Levy oder Lavy (39), wurden ausgelöscht.

Verwertungskreislauf

Von dort bezog Moser in Berlin nicht nur Goldzähne und geraubte Münzen; er erhielt auch Aufträge, metallisch wertlose Neuprägungen zurückzuliefern, so nach Bulgarien. Dass es sich dabei um Ummünzungen aus den affinierten Schmelzresten der Beute handelte, ist nicht belegt. Belegt ist der zeitliche Zusammenhang zwischen der Beuteverwertung in Berlin und den Rücklieferungen von Neuprägungen der Preußischen Staatsmünze, die Schenker tonnenweise nach Bulgarien schaffte. Dort hatte der „Judenberater“ vom Auswärtigen Amt, Theodor Dannecker, die letzte Gruppe der etwa 12.000 ausgeraubten und zur Vernichtung bestimmten Juden aus Thrakien gerade mit der Deutschen Reichsbahn nach Treblinka deportieren lassen, darunter fast 2.000 Kinder (5), als Schenker den Beginn seiner Bulgarien-Frachten bei „Dr. Moser, Tel.: 16 31 73“ von der Preußischen Staatsmünze in Berlin meldete. Der kriminelle Verwertungskreislauf ging in eine neue Runde.

„Mehrere Waggons“

„Herr Garski soll im Auftrage der Preussischen Staatsmünze einen Transport mit Münzen nach Bulgarien begleiten“, bestätigte die Berliner „Zentralleitung“ von Schenker am 9.12.1943. „Erfahrungsgemäß werden für den Transport 4-6 Wochen benötigt.“ Offenbar nach einer Rückfrage heißt es in einem handschriftlichen Notat, es sei „an der Reisedauer nichts zu ändern, da der Transport und die Übergabe tatsächlich 6 Wochen dauern kann (es sind mehrere Waggons)“. Die „mehreren“ Waggons der Reichsbahn mit Münzen aus Berlin schleuste Schenker durch das „Protektorat“ (Tschechien), die „Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien“, wobei sich „Schwierigkeiten im Abrollen und der Abfertigung in den einzelnen Ländern“ „dann und wann“ einstellten, aber der Verwertungskreislauf trotzdem zuverlässig bedient wurde: Weitere Schenker-Transporte der Berliner Fälscherwerkstatt von „Dr. Moser“ (alias Preußische Staatsmünze) gingen „wiederum“ im Frühjahr 1944 nach Bulgarien und Rumänien ab.

„Personelle Durchkämmung“

Schenker und die Deutsche Reichsbahn arbeiteten im Gegenverkehr: Waggonladungen voller ausgeraubter und zur Ermordung bestimmter Menschen rollten mit der Reichsbahn nach Treblinka im Osten, während andere Waggons der Reichsbahn das geraubte Gut zwischen den Beuteländern und Berlin zwecks Veredelung hin- und herschoben – mit Schenker. Der Wechselbezug zwischen bandenmäßigem Wertetransfer und den Massenmordplänen war immanent. Die antisemitisch-antislawische Beuteoption trieb kein unerklärlicher Affektüberschuss, wiewohl die Affekte das staatliche Rauben zu entstellen vermochten. Doch Bestialität, die wie verzichtbar erschien, und kühle Enteignung durch die Herrschaftsgewalt und ihre Wirtschaftsagenten schärften einander. Die Beuteoption war systemintegriert und wurde bei Schenker rational reguliert. Schenker stellte leitende Führungskräfte ab, um in einem versachlichten Prüfverfahren die blutliche Herkunft als Eignungsmerkmal seiner Mitarbeiter festzuschreiben – und zwecks „Arisierung“ Konsequenzen zu ziehen. Noch nach der Kriegswende in Stalingrad schickte Schenker den „Betriebsführer unserer Firma, Herr Gottlieb Kühlmeyer“ deswegen nach Prag; „Reiseantritt: 18.12.43“, „Reisedauer 3 Monate“, „Reisegrund: Personelle Durchkämmung unserer Filialen im Protektorat Böhmen und Mähren, Neueinstellung von Personal usw.“

Foto: Verladung ungarischer Juden, wahrscheinlich Frühjahr 1944.

„Überwachungsausschuss“

Infolge solcher „Durchkämmungen“ wurden bei Schenker bis 1941 allein in den Auslandsfilialen 464 Mitarbeiter segregiert, weil sie Juden waren. (6) Wenn sie sich nicht durch Flucht retten konnten, standen ihnen Isolierung, Verfolgung und Tötung bevor. Als Träger von Werten waren sie Beute. Das „Arisierungsprogramm“ kontrollierte der Gesandte des Auswärtigen Amtes Edmund Veesenmayer, Mitglied im „Überwachungsausschuss“ der Reichsbahn. Es galt auch für Schenker. Fast zeitgleich mit der „Durchkämmung“ der Schenker-Betriebe in Tschechien durch Schenkers „Betriebsführer“ bereitete Veesenmayer im benachbarten Ungarn die Verladung von „289 357 Juden in 92 Zügen zu je 45 Wagen“ der Deutschen Reichsbahn vor. (7) Zielort war Auschwitz. Veesenmayer von der Reichsbahn und Schenkers „Betriebsführer unserer Firma, Herr Gottlieb Kühlmeyer“ arbeiteten Hand in Hand, ohne sich kennen oder begegnen zu müssen: für die Beutegewinnung, die in letzter Entkleidung den physischen Menschen, seinen wirklichen Körper, als den Eigner der Werte zu beseitigen hatte.

Zentralarbeitslager

Um Beute ging es auch in Proskurow („Reichskommissariat Ukraine“), einem historischen Zentrum antisemitischer Massenpogrome (8). Dort stand Schenker „(z)ur Abnahme, Abfertigung und Kontrolle der grossen Tabaktransporte aus der Ukraine nach Deutschland“ bereit, schrieb die Schenker - „Zentralleitung“ nicht ohne Stolz. In Proskurow hatte Schenker den „Leiter der Bremer Tabakabteilung, Herr Bever“ eingesetzt. Um die von Bever abgefertigten ukrainischen Frachten konkurrierte die Brinkmann AG (Bremen), damals eine der größten europäischen Tabakfabriken, gegen Reemtsma (Hamburg). Für die Frachtverladung und den Straßenbau an der Eisenbahnhauptstrecke zwischen Proskurow und Deutschland wurden Gefangene des „Zentralarbeitslagers für Juden“ (ZALfJ) herangetrieben. (9)

Als wäre nichts geschehen

Vom „Zentralarbeitslager“ (ZALfJ) zur Arbeit in Proskurow waren es „mehrere Kilometer“ (10), erinnert sich die Überlebende Etia Tselavich. In Kleiderfetzen und „schäbigem“ Schuhwerk liefen die Gefangenen „durch eine Mischung aus Schlamm und Schnee.“ Fluchtversuche wurden mit Geiselmorden geahndet: Für jeden Geflohenen kamen zehn Unbeteiligte vor ein deutsches Erschiessungspeloton. Im Dezember 1942 liquidierte die „Polizeisicherungsabteilung Durchgangsstrasse“ das Lager. Zeitgleich lösten die Besatzer das örtliche Ghetto auf. Im Kugelhagel der deutschen Polizeitruppe starben mehrere tausend Menschen, eine genaue Opferzahl ist nicht bekannt. Als wäre nichts geschehen, gingen an Schenkers Laderampe in Proskurow die „grossen Tabaktransporte aus der Ukraine nach Deutschland“ weiter. Im Dezember 1943 wurde „Herr Bever“ in Proskurow abgelöst. Schenkers „Gefolgschaftsmitglied, Herr Johannes Wolters, wohnhaft in Bremen, Langenstr. 104“ übernahm.

Massenregistrierung

Die in das Beutegeschehen systemintegrierten Mordaktionen nahmen zu, sobald die Fronten der Gegner näher rückten und den weiteren Zugriff auf Waren und Menschen zu bedrohen begannen, so auch in Griechenland. Dort ließ Franz Neuhausen, der langjährige Reichsbahn-Repräsentant und in Belgrad stationierte „Bevollmächtigte für die Produktion von Metallerzen in Südosteuropa“, die griechischen Rohstoffe ausbeuten. Um Chrom zu gewinnen, wurden ab Juli 1942 nahe des nordgriechischen Thessaloniki Zwangsarbeiter eingesetzt. Die deutschen Besatzer hatten sie bei einer öffentlichen Massenregistrierung auf dem zentralen Versammlungsplatz der Stadt „erfasst“: mehrere tausend jüdische Männer zwischen 18 und 45 Jahren.

Foto: Massenregistrierung der männlichen jüdischen Einwohner von Thessaloniki im Juli 1942

Wer nicht in den Minen arbeiten musste, wurde zum Ausbau des Schienennetzes verpflichtet. Für die Abfuhr des Bauteaufkommens in das nordeuropäische „Reichs“-Gebiet war Thessaloniki, ein Bahnknotenpunkt, unverzichtbar. Die Logistik besorgte Schenker.

„Größerer Lastwagenpark“

Schenker verfügte in Thessaloniki über eine seiner größten Regionalfilialen, deren Arbeitsumfang seit Juli 1942 erheblich zunahm: Nach Zwangsarbeit und Ghettoisierung der jüdischen Einwohner von Thessaloniki begann die Ausplünderung ihres gesamten Eigentums. Über 50.000 Menschen wurden schrittweise einem Beuteverfahren unterworfen, das in letzter Konsequenz ihren physischen Körpern galt. Nachdem im März 1943 die ersten Güterwagen mit jüdischen Gefangenen Thessaloniki Richtung Auschwitz verlassen hatten, folgte die Räumung des in ihren Wohnungen beschlagnahmten Wertguts. Die Plünderungen zogen sich über mindestens 5 Monate hin, da sie mit den Fahrplananordnungen der Reichsbahn abzustimmen waren, die für die Schleusung in die Todeslager 19 Massentransporte angesetzt und eine Gesamtladung von über 48.000 Menschen eingeplant hatte. Schenkers Stoßzeiten fielen in die Zeitintervalle zwischen den Abfahrten eines jeden der 19 Reichsbahn-Transporte, so dass weitere Wohnungen der auf den Bahnhof getriebenen Opfer leergeräumt werden konnten. Welcher Beuteanteil direkt verwertet und welches Raubgut von Schenker sukzessive nach Deutschland verschoben wurde, ist nicht mehr rekonstruierbar. Die Registratur und logistische Verteilung hielten auch nach August 1943 an, als der Großteil der griechischen Deportierten in Auschwitz bereits ermordet war. Wegen der angespannten Arbeitslage in Thessaloniki klagte die Berliner „Zentralleitung“ von Schenker über Personalmangel. „Unser Schwesterunternehmen in Saloniki hat äußerst kriegswichtige Aufgaben zu erfüllen und beschäftigt einen größeren Lastwagenpark“, heißt es am 10. Januar 1944 über die Auslastung der Regionalfiliale. Es wurde „dringend eine Schreibkraft benötigt. Hierfür ist Fräulein Wolff vorgesehen, die so schnell wie möglich nach Saloniki reisen soll.“

„Immer grösserer Umfang“

Weil im Februar 1944 die Deportation weiterer griechischer Juden aus der Kleinstadt Ioannina bevorstand und eine Invasion der Westalliierten zu drohen schien, wurde der Personalbedarf bei Schenker noch dringlicher: „Da die kriegswichtigen Aufgaben unserer Niederlassung in Saloniki einen immer grösseren Umfang annehmen und unser dortiges Unternehmen nach wie vor unter starkem Personalmangel zu leiden hat“, hieß es bei Schenker in Berlin, „haben wir zwei weitere Kräfte für Saloniki engagiert, von denen Frau Kleiss sofort in Marsch gesetzt werden soll.“ Die Personalnot bei Schenker war wahrscheinlich noch immer erheblich, als die jüdische Gemeinde von Ioannina am 25. März 1944 zusammengetrieben und über Larissa nach Thessaloniki deportiert wurde. Auf den Schienensträngen, die ihre Leidensgenossen aus Thessaloniki in den Monaten zuvor hatten ausbauen müssen, schleuste sie die Deutsche Reichsbahn weiter nach Auschwitz.

Nie einen einzigen Cent zurückgezahlt

Angesichts der angespannten Gesamtlage reiste der Schenker-Prokurist Fritz Doehring am 28. März 1944 nach Budapest. „Reisegrund: Bilanzbesprechungen“ und „Zusammentreffen in Budapest mit dem Leiter der griechischen Organisation.“ Das Ende des „Großraums Europa“ stand bevor, aber die Bilanzen konnten sich sehen lassen. Wie in Thessaloniki, in Warschau und Prag, in Antwerpen, Amsterdam oder Kopenhagen hatten Schenker und sein staatlicher Mutterkonzern, die Deutsche Reichsbahn, nicht nur Beute gemacht, sondern auch Nachkriegsvorsorge betrieben. Die in Sicherheit gebrachten „Aktienurkunden“ (11) inklusive des gesamten Betriebskapitals beliefen sich auf einen Milliardenbetrag heutiger Währung (12). Als die Schenker-Täter mit ihren griechischen Kollaborateuren zwei Jahre nach Kriegsende zu einer vertraulichen Besprechung in Wien zusammenfanden, irrten die Überlebenden aus Treblinka, Auschwitz oder Theresienstadt noch immer durch Europa. Die Volksvermögen ihrer Heimatländer waren ausgeraubt, die europäischen Siegernationen ausnahmslos verschuldet. Doch bei Schenker versicherten sich die überlebenden Täter 1947 in Wien, es könne bruchlos weitergehen: man war „bereits in vollem Umfang tätig“ (13) – mit dem Kapitalfundament aus Raub, Plünderungen und Mordbeihilfe. Der Wiederaufstieg, der damals begann, hat DB Schenker und seinen Mutterkonzern, die staatseigene Deutsche Bahn AG, zu den europaweit größten Logistikern werden lassen, weltweit zu den ersten Adressen. Von dem Großraub, der ihren Aufstieg ermöglichte, haben sie nichts, nie auch nur einen einzigen Cent zurückgezahlt.

Anmerkungen

(1) Soweit nicht anders angegeben sind die Zitate dem Aktenbestand „Akten betr. Auskünfte usw. über die Firma Schenker & Co. GmbH. Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zentralleitung“ im Archiv des Zug der Erinnerung e.V. entnommen. Hervorhebungen im Original.
(2) Ralf Banken: Edelmetallmangel und Großraubwirtschaft. Die Entwicklung des deutschen Edelmetallsektors im „Dritten Reich“ 1933-1945. Berlin 2009, S.720. Vgl. auch Raul Hilberg: The Destruction of the European Jews. New Haven/ London 2003, S.1028 f.
(3) Die infolge der Novemberpogrome sowohl im „Altreich“ als auch im österreichischen „Anschlussgebiet“ geplünderten Edelmetalle, darunter Sakralgold und „Judensilber“, wurden wegen der Lademengen zeitweise in offene Lkw geschaufelt, um die Beute vom Berliner Zentraldepot zur DEGUSSA in den Stadtteil Reinickendorf zu liefern. Vgl. Ralf Banken: Edelmetallmangel a.a.O., S.341, Anm. 506.
(4) Ralf Banken: Edelmetallmangel, a.a.O.
(5) Allein aus der Gemeinde Štip im heutigen Nordmazedonien wurden über 500 Einwohner jeden Alters von der Deutschen Reichsbahn nach Treblinka verschleppt und ermordet. Ganze Familienverbände, so die Sion (187 Namen), die Levi (124), Levy oder Lavy (39), wurden ausgelöscht.
(6) Herbert Matis, Dieter Stiefel: Grenzenlos. Die Geschichte der internationalen Spedition Schenker 1931 bis 1990, Wien 2002, S.46/ Unlimited. The History of the International Forwarding Company Schenker 1931 to 1990. Vienna 2002.
(7) Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt a.M. 2005, S.63.
(8) Am 15. Februar 1919 veranstalteten ukrainische Nationalisten in Proskurow ein antisemitisches Pogrom, dem etwa 1.500 jüdische Einwohner der Stadt zum Opfer fielen.
(9, 10) Alexander Kruglov, Martin Dean: Proskurow and Lesnewo Forced Labor Camps for Jews. In: The USHMM Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933-1945, vol. V, Ind. University Press, i.V.
(11, 12) Vgl. Die Schenker-Verbrechen, Erster Teil sowie The Schenker-Papers, german-foreign-policy.com, 08.05.2016.
(13) Vgl. Herbert Matis, Dieter Stiefel: Grenzenlos. Die Geschichte der internationalen Spedition Schenker 1931 bis 1990, Wien 2002, S.80 / Unlimited. The History of the International Forwarding Company Schenker 1931 to 1990. Vienna 2002.

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