Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen
In Kooperation mit:
Um den Pfändungsverfügungen ausländischer NS-Opfer zu entgehen, scheint die DB AG den grenzüberschreitenden Schienenverkehr nach Italien zu erschweren. Italien-Reisende müssen neuerdings Fahrplanänderungen und merkwürdige Verkaufspraktiken für Fahrscheine hinnehmen: So enden Tickets zwischen München und Rom teilweise im norditalienschen Verona. Der Streckenanschluss muss im Zug nachgelöst werden. Hintergrund: Jeder Cent und Euro zugunsten von Dienstleistungen der DB AG in Italien verfällt einer Drittschuldnerpfändung, die der römische Kassationsgerichtshof NS-Opfern zugesprochen hat. Vorläufiger Pfändungsbetrag: 50 Millionen Euro. Diese Summe addiert sich zu den rund zwei Milliarden Euro, die Gegenstand einer weiteren Forderung von NS-Opfern an die DB AG sind.
Die in Italien und in Osteuropa geltend gemachten Forderungen richten sich sowohl gegen die DB AG als auch gegen deren Eigentümerin, die Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik hatte bei Gründung den Eigentumsfonds der "Deutschen Reichsbahn" übernommen – und damit auch die Einnahmen aus den kriminellen Massendeportationen von über drei Millionen Menschen in den Tod. Die Bundesrepublik haftet ebenso für weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in ganz Europa begangen wurden, etwa im griechischen Dorf Distomo, wo über 200 Einwohner im Juni 1944 einer SS-"Vergeltungsaktion" anheimfielen. Die Forderungen der Distomo-Opfer (rund 50 Millionen Euro inkl. Zinsen) können in Italien geltend gemacht werden, entschied das oberste römische Gericht bereits im Mai 2008 gegen die Bundesrepublik Deutschland. Das Urteil betrifft sämtliche deutschen Besitztümer in Italien, also auch die dort anfallenden Einnahmen der DB AG im Schienenverkehr.
Absolutes Primat
Weil die deutsche Regierung der Auffassung ist, die NS-Massaker seien "hoheitliche Akte" im Auftrag des deutschen Staates gewesen, gegen den zu klagen private Opfer nicht befugt wären, hat Berlin beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Beschwerde eingelegt. Er erwarte, daß "Deutschlands Immunität als Staat respektiert" werde, äußerte der deutsche Außenminister Westerwelle im Januar 2011. Damit stellt sich das deutschen Außenministerium gegen die Rechtssetzung mehrerer oberster europäischer Gerichte, die die sogenannten Staatenimmunität für NS-Verbrechen nicht gelten lassen. Es gebe ein "(a)bsolutes Primat der grundlegenden Werte der Freiheit und Würde des Menschen", heißt es in dem wegweisenden Urteil des italienischen Kassationsgerichts.