Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen
In Kooperation mit:
Hassloch gehört zu den Stationen der kommenden Zugfahrt durch die Südpfalz.
Dort sprachen wir mit Petra Exner-Tekampe, Oberstudienrätin für Sport und Englisch am Hannah-Arendt-Gymnasium. Frau Exner-Tekampe hat zur Einladung der Ausstellung wesentlich beigetragen.
Frage: Was hat Sie motiviert?
Exner-Tekampe: Ich hatte die Ausstellung in Speyer gesehen, 2009, und das hat nicht nur bei mir, auch bei meinem Sohn, starke Gefühle hervorgerufen. Mich haben die Fotos dieser Kinder nicht mehr losgelassen. Der Geburtstag der Namensgeberin unserer Schule, Hannah Arendt, war für mich eine Gelegenheit, den Zug in die Südpfalz bringen zu wollen.
Frage: Warum die starken Gefühle?
Exner-Tekampe: Weil diese Ausstellung etwas Besonderes hat. Sie kommt ohne ideologischen Zeigefinger aus, sie ist auch keine bebilderte Geschichtsstunde und sie ist nicht larmoyant. Was zu sehen und zu fühlen ist, ist konkret:
Kurze Biographien junger Menschen, die abgeholt wurden und die nicht zurückkehrten. Wer das als Erwachsener sieht, muß an die eigenen Kinder denken. Dies führt zu einer Identifikation mit den Opfern und das erschüttert.
Frage: Welche praktischen Schwierigkeiten mussten Sie schultern?
Exner-Tekampe: Das Eine war die Idee, das Andere die Realisierung bzw.
Finanzierung . Und das war nicht einfach! Ohne das Mainzer Kultusministerium, ohne die lokalen Sponsoren, vor allem ohne die Bereitschaft der Schule und vieler engagierter MitstreiterInnen vor Ort hätte es nie geklappt.
Frage: Gab es nicht auch Widerstände?
Exner-Tekampe: Ja, die gab es. Und es wäre seltsam, wenn die Erinnerung an die Massendeportationen nicht auch Schmerzen hervorrufen. Die Abwehr ist
vielschichtig: Werde ich mit etwas konfrontiert, was meine Familiengeschichte berührt? Werde ich diesen Anblick der unschuldigen Kinder aushalten und was könnte das mit mir machen?
Könnte das zur Konsequenz haben, daß ich mich mehr gegen Rassismus engagieren muss? Ist nicht schon genug über diese Zeit geredet worden?
Frage: Beeinträchtigt das die Bereitschaft, den "Zug der Erinnerung" bei seiner kommenden Fahrt anzunehmen?
Exner-Tekampe: Der Zug ist längst angekommen, jedenfalls als Auslöser zahlreicher Initiativen. An den Hasslocher Schulen ist bereits klar: sie wollen nicht nur die Ausstellung besuchen, sondern sie haben dem gesamten Besuchstag geblockt, um sich mit der Erinnerung auseinanderzusetzen. Am ersten Besuchstag sind das etwa 700 SchülerInnen des Gymnasiums und am zweiten Tag 500 der Realschule Plus. Und darauf bereiten wir uns vor. Aus Germersheim weiß ich, daß dort Vorbereitungen für das Projekt "Schule gegen Rassismnus" laufen, angestoßen durch den kommenden Zugaufenthalt …Ich will nicht spekulieren, aber es werden in der Südpfalz viele Tausend sein, die auf die Bahnhöfe kommen…
Frage: Was wünschen Sie sich für Ihre Schule und für die Besucher aus Ihrem Ort?
Exner-Tekampe: Daß aus dem Zug eine Biographie, ein Gesicht, eine Person mit nach Hause genommen wird. Das wäre so etwas wie eine Verinnerlichung. Vielleicht wird das nicht bei allen Besuchern der Fall sein. Der Zug wird ein Zeichen wider des Vergessens setzen und das Bewußtsein, dass so etwas nie wieder passieren darf wird aufgrund der tagespolitischen Lage geschärft werden.