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Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen

In Kooperation mit:



Die Namenlosen von Schifferstadt

 

Deportation niederländischer und deutscher Juden in Westerbork. Die Mehrzahl der "Reichsbahn"-Transporte endete in Auschwitz.

Am 07. August 1942 hielt ein
"Reichsbahn"-Transport auf Gleis 3 in Schifferstadt - in Sichtweite steht z.Zt. der "Zug der Erinnerung".

(Medienberichte: SWR und SAT.1)

In den verschlossenen Waggons befanden sich 987 Personen. Ihre Namen waren auf der Deportationsliste "Nummer 34" vermerkt, bevor sie im NS-Sammellager Westerbork (Niederlande) verladen wurden: holländische und deutsche Juden mit Ziel Auschwitz. Keiner kehrte zurück, nur einer wird mit ihrem Namen gedacht: der zum Katholizismus konvertierten Nonne Edith Stein. Wer gedenkt der 986 anderen? Wer erinnert an die mehr als siebzigtausend  Deportierten aus Westerbork, von denen ein großer Teil wahrscheinlich ebenfalls über den Bahnhof Schifferstadt nach Auschwitz fahren musste? Zu ihnen gehörte das Sinti-Mädchen Settela Steinbach.


Anders als das Gedenken an Edith Stein bleibt das Gedenken an Settela Steinbach bis heute merkwürdig marginal. Wurde Settela Steinbach erst als angeblich unbekannte Jüdin bezeichnet, die depersonalisiert und verschollen war, würdigten offizielle Stellen der Bundesrepublik die Person Edith Stein in auffälliger Weise. Eine deutsche Briefmarke zeigt sie in verklärter Gestalt und erkennbar religiöser Bekleidung. Die Ikonographie vermittelt das Bild einer Heiligen. Tatsächlich folgte die Seligsprechung 1987, die Heiligsprechung 1998. Zahlreiche Schulen und Institutionen tragen heute ihren Namen. Das Andenken an Settela Steinbach, die weder Nonne noch Konvertitin war, hat keine annähernd ähnliche Verbreitung gefunden. Settela Steinbach war nur eine Sintezza.

Diese "Reichsbahn"-Transporte leitete das NS-Verkehrsministerium aus dem besetzten Holland auf der Rheinschiene in die Pfalz und von dort nach Nürnberg, Dresden, Kattowitz und Auschwitz. Die Streckenführung sah einen Kurzhalt in Schifferstadt vor. Die Züge hielten hier bei Tage und konnten von jedermann eingesehen werden. Hilfe, und wäre sie noch so bescheiden gewesen, ist an keinem der Deportationszüge verbürgt.

Obwohl sich bis zu 1.500 Menschen an den verdrahteten Luftluken der unzähligen Waggons drängten, darunter Frauen und Kinder, behaupteten Zeitzeugen später, sie hätten an angebliche "Gefangenentransporte" mit Kriminellen geglaubt.

Bis heute wird die stillschweigenden Hinnahme des deutschlandweiten Großverbrechens beschönigt und beschwiegen. Selbst die Ehrung der Deportierten an den Stätten ihrer letzten Fahrt findet unter erschwerten Bedingungen statt. Fast überall in der Südpfalz muß der "Zug der Erinnerung" technische Blockaden hinnehmen: in Landau gelang es der DB AG nicht, dem Zug die vereinbarte Stromversorgung zu legen, in Germersheim verlangte die DB den vorzeitigen Abzug des Zuges vom Ausstellungsgleis, in Neustadt muß der Zug außerhalb des Hauptbahnhofs an einer unüberdachten Gleiskante stehen.

Diese Behinderungen sind nicht ungewöhnlich und begleiten das Gedenken seit Jahren. Das Verhalten der DB AG, die vom "Zug der Erinnerung" Gebühren verlangt, zeigt in aller Deutlichkeit, daß die Opfer der "Reichsbahn"-Deportationen dem Vergessen ausgesetzt sind und ihre Namen Schall und Rauch - es sei denn, sie werden heilig gesprochen wie die Katholikin Edith Stein. Aber auch die 986 deportierten Juden des Transports Nr. 34, denen am 07. August 1942 auf Gleis 3 in Schifferstadt keine Hilfe zuteil wurde, hätten es verdient, auf dem heutigen Bahnhof erwähnt zu werden.

Die Gründung des "Bündnis für Toleranz" in Schifferstadt macht Hoffnung auf Widerstand gegen Vergessen und Beschweigen.