Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen
In Kooperation mit:
In den Resten einer süddeutschen Wohnungsauflösung fanden Mitbewohner die Blätter eines Fotoalbums. Der Eigentümer war 2009 entweder verzogen oder verstorben; seine Erinnerungen schienen jenen Wert anzunehmen, den wir Altpapier zumessen. Die Fotoseiten enthalten die üblichen Ablichtungen und zeigen unter dem Jahrestitel "1932" mehrere Strandszenen in den Niederlanden. Drei Kinder spielen im Wasser der Nordsee.
Den Randnotizen ist zu entnehmen, dass es sich um Lore, Otto und Heinz Stern handeln muss, offenbar Bekannte der Person, die das Fotoalbum zurückgelassen hat. Im handschriftlichen Text heißt es über die drei Stern-Kinder: "(Sie) starben mit ihren Eltern während des Krieges in Litzmannstadt. Sie wohnten bis 1931 in D(üssel)dorf mit uns zusammen und flüchteten vor dem Hitlerregime" nach Holland, "wo ich 1932 zu Gast sein durfte".
Die Tage an der Nordsee scheinen zu den wertvollen Augenblicken zu gehören, die der Verfasser in der Fotorückschau festhalten wollte. Jedoch bleibt sein Text nicht privat. Wenn auch codiert bespricht er das größte Menschheitsverbrechen und lässt einen Anflug von Trauer erkennen. Die Erben, die das Album in den Müll warfen, konnten damit nichts anfangen.
Die Sterns wurden nicht in Lodz ("Litzmannstadt") ermordet. Mit der "Deutschen Reichsbahn" führte ihr Weg nach Sobibor und Auschwitz.
Heinz Stern
geb. 11. Juni 1921 in Düsseldorf
wohnhaft in Düsseldorf
Deportation:
1942, Auschwitz, Vernichtungslager
Todesdatum/-ort:
30. September 1942
Otto Stern
geb. 18. Mai 1923 in Düsseldorf
wohnhaft in Düsseldorf
Deportation:
1942, Auschwitz, Vernichtungslager
Todesdatum/-ort:
für tot erklärt
Lore Stern
geb.23.9.1926
Deportation:
ab Westerbork
13. April 1943, Sobibor, Vernichtungslager
Todesdatum/-ort:
16. April 1943, Sobibor, Vernichtungslager
für tot erklärt